Pressemitteilung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh zur Ablehnung der Verfassungsbeschwerdevom 27.02.2023
Die Familie von Oury Jalloh geht zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte!
18 Jahre nachdem Oury Jalloh rechtswidrig festgenommen und im Dessauer Polizeigewahrsam schwer misshandelt und verbrannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Einstellung aller Ermittlungen in Sachsen-Anhalt nachvollziehbar und somit rechtens und verfassungskonform sei. Damit hat nun auch die höchste Instanz der deutschen Justiz den Mord und das Verbrennen eines Menschen durch Polizeibeamte – entgegen aller Fakten und Beweismittel – negiert und das Opfer selbst zum Täter gemacht.
Die Karlsruher Richter*innen folgen in ihrem formalen Beschluss zur Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde der in höchstem Maße unwissenschaftlichen und einseitigen Argumentationslinie der sachsen-anhaltinischen Ermittlungsbehörden. Diese basiert einerseits uneingeschränkt auf den widersprüchlichen Aussagen und Schutzbehauptungen der Täter*innen aus dem Polizeirevier und stützt sich andererseits auf eine unprofessionelle und selektive Beweismittelerhebung: Von Beginn an haben die zuständigen Staatsanwaltschaften die wichtigsten Fragen nach der Brand- und Todesursache unbeantwortet gelassen. Selbst nach der Weisung des BGH von 2010 wurden die Ermittlungen weiter verschleppt, Aufträge für Gutachten manipuliert und Stellungnahmen der eigenen Expert*innen fehlinterpretiert oder gar ignoriert. .. .. Pressemitteilung als PDF > LINK
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Im Fall des verbrannten Asylsuchenden Oury Jalloh wird es keine neuen Ermittlungen geben, siehe > https://taz.de/!5918010/
Der Fall Oury Jalloh wechselt auf die europäische Ebene > Frankfurter Rundschau, vom 23.02.23 > Link.. Nun will die Familie von Oury Jalloh den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. „Wir sind nicht überrascht, dass es abgelehnt wurde“, sagt Nadine Saeed von der Initiative „In Gedenken an Oury Jalloh“ der Frankfurter Rundschau. „Was aber sehr ärgerlich für die Familie ist, ist die Dauer dieser Entscheidung. Es hat über drei Jahre gedauert, wir hätten viel früher vor den Europäischen Gerichtshof gehen können.“ ..
Vor 18 Jahren wurde Oury Jalloh von Polizist*innen in Dessau ermordert. Wir gedenken! Auch erinnern wir Laye Alama Condé, der heute vor 18 Jahren an den Folgen von Brechmittelfolter in Bremen gewaltsam zu Tode kam.
Tödliche rassistische Polizeigewalt und Tod in Gewahrsam haben System! Lasst uns der Opfer erinnern sowie die Forderungen nach Gerechtigkeit, lückenloser Aufklärung & Konsequenzen auf die Straße tragen ..
Vielen Dank an alle solidarische Menschen, die mit uns am 7.1. in #Dessau auf der Straße waren. Herzlichste Grüße alle die uns an diesem supported haben! U.a. #Freiburg, #München, #Lützerath. Viel Kraft und radikale Entschlossenheit uns allen für 2023!
Erinnerung an Bremer Brechmittel-Opfer: Langsam mahlende Gedenk-Mühlen
Mit einem Denkmal soll in Bremen an das Brechmittel-Todesopfer Laye Alama Condé erinnert werden. Künstler*innen können nun ihr Interesse bekunden. TAZ 06.01.23 > Link
In Polizeizelle verbrannt »Die Ermittlungen werden verschleppt und abgeblockt« Sachsen-Anhalt: Gedenken an im Gewahrsam verbrannten Oury Jalloh. Familie kämpft gegen Justiz. Ein Gespräch mit Hartmut Brückner Interview: Henning von Stoltzenberg .. Junge Welt 7.1.23 > Link
150 Demonstranten erinnern an Tod von Laye-Alama Condé / 7.1.23 / buten un binnen (Audio) > Link
18. Todestag von Oury Jalloh / Gegen die lahmen Mühlen der Justiz / 7.1.23 TAZ > Link
LZO Redaktion / 07.01.23
Wütende Gedenkdemonstration – „Oury Jalloh, das war Mord“ > Link
Oury Jalloh – 18 Jahre politisches Versagen
Am 7. Januar 2023 jährt sich der Tod von Oury Jalloh zum 18. Mal. Dazu erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, Henriette Quade > Link
18. Todestag 1.600 Menschen erinnern in Dessau an Feuertod von Oury Jalloh
07.01.2023 – Aktionsticker Lützerath: Solidarität geht raus nach Dessau. Oury Jalloh, das war Mord! Widerstand an jedem Ort!
Oury Jalloh-das war Mord! – Kundgebung in Mannheim am 7.Jan 2023 zum Gedenken an die Ermordung von Oury Jalloh am 7.Januar 2005 im Polizeirevier Dessau 1.Teil Aufruf * 2.Teil ganze Kundgebung (Audio) > freie-radios.net
Anlässlich des 18. TodestagsOury Jalloh Gedenkdemonstration in Freiburg / Redebeiträge Info & Audio > Radio Dreyeckland
Oury Jalloh: Eine offene Wunde 18 Jahre nach dem Tod von Oury Jalloh erinnern Unterstützer an ihn und fordern Aufklärung / ND 08.01.23 > Link
In Gedenken an Oury Jalloh – 18 Jahre nach dem Tod / Über die Demonstration und die zivilgesellschaftlichen Aufarbeitung sprachen wir mit Nadin von der Initiative Oury Jalloh > Radio Corax / 10.01.23 (Info & Audio) > Link
Aufklärung und Gerechtigkeit bleiben der Familie von Oury Jalloh vom deutschen Rechtsstaat weiter vorenthalten und somit Aufgabe der Zivilgesellschaft
Nachdem der Leitende Oberstaatsanwalt von Dessau im April 2017 zugeben musste, dass Oury Jalloh von Polizeibeamten mit Hilfe von Brandbeschleunigern angezündet worden war und er eine Übernahme des Falles durch den Generalbundesanwalt angeregt hatte, überschlugen sich die juristischen Abwehrmaßnahmen nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern auch auf Bundesebene.
Zunächst wurden der Staatsanwaltschaft Dessau die Ermittlungen entzogen und nach Halle übertragen. Dort waren sich die Staatsanwälte nach nur drei Monaten Aktenprüfung absolut sicher, dass es »keinerlei Anhaltspunkte« für die Beteiligung Dritter am Tod von Oury Jalloh geben würde. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh stellte am 7. Dezember 2017 eine ausführlich begründete Strafanzeige gegen einen der mutmaßlichen Täter aus dem Revier beim Generalbundesanwalt. Noch am selben Tag wurde die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg vom Justizministerium von Sachsen-Anhalt mit der Bearbeitung des Falles beauftragt. Entgegen der vorliegenden Faktenlage, bestätigten die zuständigen Oberstaatsanwälte im Oktober 2018 die Einstellung aller Ermittlungen. Währenddessen hatte die Bundesanwaltschaft wiederholt ihre Nichtzuständigkeit erklärt, da sie kein rassistisches Mordmotiv erkennen wolle. Auch das Klageerzwingungsverfahren wurde ein Jahr später, im Oktober 2019, durch das Oberlandesgericht Naumburg abgewiesen.
Seitdem sind in Sachsen-Anhalt alle juristischen Mittel ausgeschöpft. Mamadou Saliou Diallo, der Bruder von Oury Jalloh, hatte am 24. November 2019 Beschwerde gegen die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Halle, der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg und des Oberlandesgerichtes von Sachsen-Anhalt beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Rechtsanwältin der Familie argumentierte, dass im vorliegenden Fall eine Verpflichtung zur Strafverfolgung besteht, denn »der Getötete befand sich in wehrloser Lage in polizeilichem Gewahrsam und wurde durch Polizeibeamte misshandelt und getötet«. Seitdem sind über drei Jahre vergangen und bis heute gibt es keine Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichtes. Bislang hatte dieser im Frühjahr 2022 lediglich die Stellungnahmen des Justizministeriums von Sachsen-Anhalt und der Bundesanwaltschaft eingeholt.
Statistisch gesehen werden innerhalb der ersten zwei Jahre 90 Prozent der Verfahrenseingänge entschieden und nur zwei Prozent aller Fälle dauern mehr als drei Jahre. Hier stellt sich die Frage, warum ausgerechnet der Fall von Oury Jalloh zu diesen »Ausnahmen« gehört, beziehungsweise ist unklar, ob die Beschwerde überhaupt zur Entscheidung angenommen wird. Fakt ist, dass solange die Richter in Karlsruhe den Fall weiter verschleppen der Familie der Weg zum Europäischen Gerichtshof durch den deutschen Rechtsstaat versperrt ist. Seit 18 Jahren besteht die Strategie der deutschen Justiz im Umgang mit dem Fall von Oury Jalloh darin zu vertuschen und zu verschleppen.
Strafanzeige gegen Mitarbeiter des Knastes Moabit gestellt
Am 23.07.2020 verstarb der 36 jährige Ferhat Mayouf an einer Rauchvergiftung im Knast Moabit. Die Justiz spricht von Suizid, aber wir und die Angehörigen wissen: das war Mord!
Nun hat Ferhat Mayoufs Bruder Strafanzeige gegen die Mitarbeiter der JVA Moabit gestellt und ist damit einen weiteren Schritt im Kampf um Aufklärung gegangen .. (weiterlesen oderLink )
Wieso werden Menschen in seelischen Notlagen getötet? Welche Gruppen sind von Polizeigewalt betroffen? Welches Muster lässt sich bei den Tötungen erkennen? Was sind die individuellen und strukturellen Ursachen? Wie kann gesellschaftlich besser mit Menschen in Krisen-situationen umgegangen werden?
Verschiedene Intitiativen, u.a. Death in Custody und die Antirassistische Initiative Berlin, zudem betroffene Einzel-personen haben sich bei einem ersten Treffen im Oktober 2022 zum Thema ausgetauscht. In Redebeiträgen soll aus verscheidenen Perspektiven auf diese Fragen eingegangen werden. Ziel der Kundgebung ist außerdem eine größere Vernetzung.